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Die Mauer-Revue - Ein „Weichraumcontainer“ voll DDR-Wissen

Fünf Personen stehen auf der Bühne. Sie tragen allesamt weiße Hemden und Blusen, dazu blaue Halstücher. An der Kulissenwand hängt eine deutschlandähnliche Flagge. Daneben ein Bild, auf dem das Gesicht eines Mannes zu sehen ist. Der Raum ist randvoll mit Menschen, die amüsiert zuschauen, lachen, klatschen.
Zum 20. Jahrestag des Mauerfalls führten die Schauspieler des Friedrich-Hecker-Theaters aus Sinsheim die „Mauer-Revue" am 15.11.09 zur Matinee im Ignatius-Saal in Mannheim auf. Dabei beschreibt sie den Alltag in der Deutschen Demokratischen Republik vom Mauerbau bis zur Wende und vereint Schauspiel-, Musik- und Gesangseinlagen miteinander.

Zu Beginn brachte man uns die Sprache der DDR näher. Wussten Sie bzw. wusstet ihr, dass man einen Lutscher in der DDR „Fruchtstielbonbon", eine Kittelschürze „Frauenberufsmantel" und einen gewöhnlichen Sack „Weichraumcontainer" nannte? Faszinierend, nicht? Ihre Sprache war offenbar sehr originell und ideenreich.
Als nächstes beleuchteten die Darsteller den Alltag der „Pioniere" - so hießen die Kinder, die der politischen und fest in die Schule integrierten Kinderorganisation der DDR angehörten. Der Beitritt dieser Pionierorganisation bezeichneten sie dabei als „Naturgesetz", da er zwar freiwillig war, aber vom Staat als selbstverständlich angesehen wurde. „Es muss alles demokratisch aussehen, aber wir, wir müssen alles in der Hand haben." - Dieses Zitat von Walter Ulbricht - dem damaligen Staatsoberhaupt der DDR - verdeutlicht, dass sie nur eine Scheindemokratie war.

Des Weiteren sorgten Sketche, wie etwa ein inszenierter Dialog zwischen Walter Ulbricht und Mao Zedong, für große Begeisterung. Mit einem gesunden Mix aus Schauspiel und Humor veranschaulichten die Akteure die Reaktionen der DDR-Bürger auf den Bau des „Antifaschistischen Schutzwalls": Diese waren nicht nur fassungslos, sondern von nun an auch vor den westlichen Einflüssen „geschützt"! Daher gewannen sowjetische Literatur, Filme und Kultur die Oberhand. Die westliche Beat-Musik, welche vor allem die Jugendlichen stark beeinflusste, wurde für „Unkultur" erklärt. Ein bekannter Witz zu dieser Zeit war folgender: „Wer ist der größte Feldherr aller Zeiten? - Walter Ulbricht! Er hat zwei Mio. Menschen in die Flucht geschlagen und 17 Mio. gefangen genommen."
Dass es im Osten nicht ganz so war wie im Westen, stellte sich in einer längeren Szene heraus, in der eine Familie Besuch von der Tante und dem Onkel aus der Bundesrepublik bekamen. Schon als Erstere um einen Cappuccino bat und die Familie noch nicht einmal wusste, um was es sich dabei handelte, wurde deutlich, dass die Menschen in der BRD einen wirklich höheren Lebensstandard hatten. Erst in den 70ern, als Erich Honecker schließlich die Macht übernahm, verbesserte sich das Leben allmählich und die Leute hatten mehr Freiheiten: Die Haare wurden länger und die Röcke immer kürzer.
Anhand einer weiteren Schauspieleinlage, verdeutlichten die Darsteller, dass die politische Überwachung durch die Stasi (Ministerium für Staatssicherheit) große Ängste in den Bürgern hervorrief. Andersdenkende, berühmte Künstler (wie z.B. Wolf Biermann), bürgerte man aus. Die Konsequenzen waren Unzufriedenheit und eine Welle von Protesten, die letztendlich den Untergang der DDR nach sich zogen.

„Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael!"

Das Stück endete mit einem Gassenhauer, auf den langer Applaus folgte.

„Mir hat alles gut gefallen!", verriet mir Cynthia aus der 11a überzeugt nach der Aufführung. Als ich sie nach dem Grund fragte, meinte sie: „Also, weil es zwar komisch gemacht wurde, aber trotzdem sehr ernst war." Sie erzählte mir auch, dass ihr jetzt durch die Mauer-Revue bewusster ist, „dass wir nicht nur für unser Tun verantwortlich sind, sondern auch für das, was wir nicht tun."
Die Theatervorstellung selbst wurde geführt von Holger Friedrich, dem Leiter des Theaters, der mit seiner Frau laut eigener Aussage kurz vor dem Mauerfall über Ungarn in den Westen geflohen war. Ich hatte die Ehre den überaus freundlichen und netten Autoren persönlich kennenzulernen und als ich von ihm wissen wollte, was er mit der Mauer-Revue erreichen wolle, antwortete er: „Wir versuchen natürlich die Leute ein bisschen aufzurühren, dass sie vielleicht das eine oder andere dann auch mal lesen und dass im Bewusstsein eigentlich nicht das Trennende entsteht, sondern dass wir zusammen gehören." Ihm war außerdem wichtig, dass den Schülern bewusst wird, „dass es sich lohnt in einer Demokratie zu leben" und dass man für sie auch „was tun muss - und zwar jeden Tag".

Mir persönlich hat die Vorführung ausgesprochen gut gefallen, da sich Schauspiel, Musik und Gesang toll ergänzten und immer wieder für Abwechslung sorgten. Sie brachte mich nicht nur zum Lachen, sondern war auch sehr informativ, sodass ich mir jetzt in etwa vorstellen kann, wie es damals in der DDR wohl aussah. Zwar hat vor allem unsere Generation nicht jeden einzelnen Witz verstanden, da wir schließlich in einer völlig anderen Zeit aufwuchsen, doch interessant fanden es die meisten von uns trotzdem. Wer die Mauer-Revue noch nicht gesehen hat, sollte das schleunigst nachholen, denn sonst hat er was verpasst!

Fünf Schauspieler des Friedrich-Hecker-Theaters stehen auf der Bühne und führen die Mauer-Revue auf. Sie tragen allesamt Pionieruniformen. An der Kulissenwand hängt die DDR-Flagge. Daneben ein Bild von Walter Ulbricht. Der Raum ist randvoll mit Schülern, Eltern und Lehrern, die amüsiert zuschauen, lachen, klatschen.

Hang Le, 11b


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