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Hintergrundgespräch mit einem Kaffeebauern

Nachdenkliches von den UGM CoffeeRoasters

 Kürzlich trafen wir uns, die Schülerfirma UGM CoffeeRoasters, zum Rösten im Coffee Consulate in Mannheim. Zufällig war auch Andres Quintanilla, unser Kaffeefarmer aus El Salvador, anwesend. Er ist schon in der vierten Generation Kaffeebauer und hat aus diesem Grund einiges an Expertise und Insider-Wissen. Ich führte ein längeres Gespräch mit ihm und möchte an dieser Stelle darüber berichten.

Seine zwei Farmen sind mit insgesamt 150 Hektar eher klein. Die Anbaufläche seines Nachbarn ist zehnmal so groß, was wiederum überdurchschnittlich viel ist. Den Kaffee, den wir durch ihn beziehen, wird wie alle anderen Bohnen direkt gehandelt. Direct Trade sieht vor, dass ein Rohstoff ohne teure Zwischenhändler gehandelt wird. Er behält auch noch den Pflücker im Blick, ist nicht von Börsenkursen abhängig und nicht mit dem Kauf sehr teurer Lizenzen für den Farmer verbunden, damit er überhaupt das Siegel tragen darf.
Nachhaltigkeit ist für unsere Schülerfirma ein sehr wichtiges Thema. Leider stammt der industriell geröstete Kaffee oftmals nicht aus nachhaltigem und fairem Anbau, worin einer unserer Hauptkritikpunkte an "normalem" Kaffee besteht. Viele Menschen denken aber, wenn ein Kaffee das Fairtrade-Siegel habe, dann reiche das schon aus, um ihn als moralisch unbedenklich einstufen zu können. Dem ist jedoch nicht so.
Andres wollte sich vor einigen Jahren seine Farm zertifizieren lassen. Als die Kontrolleure kamen, erfüllte die Plantage alle Faktoren, die überhaupt erfüllt werden konnten. Es wurden sogar Leistungen erbracht, die für die Zertifizierung weder erfasst noch verlangt wurden. Statt des eigentlichen Ratings von 100% gab es jedoch nur eines von 60% mit der Begründung, man brauche jährlich 3% Verbesserung. So stehe es in den Richtlinien, meinten die Prüfer. Wenn die Plantage jedoch schon 100 Prozent als Rating erreicht habe, gebe es auch keine Verbesserungsmöglichkeiten mehr, so die Herren damals. Statt der hohen Investitionen für bestimmte Extras auf seiner Farm wurde ihm von den Vertretern des Siegels geraten, diese Extras zu streichen und das so ersparte Geld in den Kauf weiterer Siegel zu investieren. So könnte er seinen Gewinn deutlich steigern.
An dieser Stelle ist es selbstverständlich wichtig zu erwähnen, dass der einstige Grundgedanke von Fairtrade sehr gut gewesen ist, aber leider nur noch von wenigen als Handelsmaxime verstanden wird. Unsere Eine-Welt-AG an der Schule arbeitet nur mit Unternehmen zusammen, die den ursprünglichen Gedanken von Fairtrade noch ernstnehmen, wie zum Beispiel gepa.

Kinderarbeit ist in El Salvador ein großes Problem. Das Schlimme ist: Es gibt kaum einen Weg daran vorbei! Eine Familie ist in der Regel ziemlich groß. Dies hat einen trivialen Grund: Es gibt keine Alterssicherung, das bedeutet, die Kinder müssen, wenn die Eltern alt sind, finanzielle Unterstützung für sie sicherstellen. Und ein Kind kann diese Alterssicherung nicht finanzieren. Da das Geld aber, das von den Eltern erwirtschaftet wird, gerade so für ein paar Personen reicht, wird es häufig ziemlich eng. So müssen zum Beispiel manchmal drei Personen das Essen teilen, das eigentlich für zwei Personen gedacht ist. Da ältere Kinder, die arbeiten können, sowohl für sich selbst als auch für die Geschwister genügend zu essen haben wollen, bleibt ihnen nichts anderes übrig als zu arbeiten, anstatt zur Schule zu gehen. Jedoch ist Bildung essentiell für den sozialen Aufstieg.
Ein anderes Problem ist für Andres die Politik. Nach außen herrsche in El Salvador eine Demokratie, jedoch sei Korruption verbreitet. Das führe dazu, dass einseitigen Interessen nachgegangen werde. Für alles kann man die Politik natürlich nicht verantwortlich machen, es gibt auch ein Gesetz, das Kinderarbeit verbietet. Das Problem ist, dass es, so Andres, nicht ausreichend eingehalten werde. Und dies habe wiederum einen einfachen Grund: Es gibt keinen Ausweg. Die Kinder entscheiden sich in der Regel für die Arbeit und nicht für die Schule, weil sie und ihre Familienangehörigen Hunger haben.
Was kann nun der Staat dagegen machen, um das Problem zu bekämpfen? Ziemlich wenig, denn die Polizei sei vielfach schon mit Gang-Kriminalität beschäftigt und könne sich darum kaum mit "weniger wichtigen Dingen" wie Kinderarbeit beschäftigen.
Andres bietet unter anderem an, dass die Kinder sich auf seinem Grundstück treffen können, dass sie mit anderen Kindern spielen können und vor allem vor den Gefahren sicher sind. So können sie nicht von Gangs rekrutiert werden und auch nicht von Kriminellen ausgeraubt werden oder Ähnliches.
Das ist eine der Maßnahmen, die er gegen Kinderarbeit vornimmt. Der Staat benutzt Restriktionen, um die Kinder vom Arbeiten fernzuhalten, die aber nicht umgesetzt werden. Andres versucht es mit Anreizen. Wenn ein Arbeiter nachweisen kann, dass seine Kinder zur Schule gehen und gute Noten schreiben, bekommt er eine Gehaltserhöhung. Beim ersten Kind ist es eine Gehaltserhöhung um fast 100%. Dies ist besonders effektiv, da es eigentlich genug Schulen gibt, aber viele Familien besitzen nicht die finanziellen Möglichkeiten, um den Schulbesuch zu finanzieren. Wenn jedoch genug Geld da ist, spricht nichts dagegen, zur Schule zu gehen und etwas zu lernen. So wird der Teufelskreis, der durch die fehlende Alterssicherung und die vielen Kinder, die es zu ernähren gilt, gebrochen und ein sozialer Aufstieg ist möglich.

Das lange Gespräch mit unserem Kaffeebauern Andres hat mir noch einmal die erschreckende Lage in El Salvador vor Augen geführt. Auch unser westlicher Lebensstil trägt eine Mitschuld an der Lage der Menschen in El Salvador. Wir müssen unser Konsumverhalten immer wieder aufs Neue hinterfragen. Wir müssen vielleicht sogar unser kapitalistisches Denken hinterfragen. Aber auch: Wir sollten die Bedingungen in anderen Ländern nicht zu schnell bewerten bzw. verurteilen, da ihre Ursachen häufig sehr komplex sind.
Wir, die Schülerfirma UGM CoffeeRoasters, setzen genau an diesen Punkten an und hoffen durch unser Ehrenamt auf Missstände in den Produktionsländern unseres Rohkaffees, aber auch auf Missstände in unserem eigenen Land aufmerksam zu machen.

Alexandros Apostolidis, Kursstufe 1, für die UGM CoffeeRoasters


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