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Zeitzeugengespräch mit den Friedrichs

„Geh zur Wahl mit dem Lineal“

Spätestens jetzt hörten wir alle Frau Friedrich gespannt zu. Sie kam am 14.10.2009 zu uns um ihre Geschichte zu erzählen. Eine ganz besondere Geschichte, denn sie lebte in der DDR, dem Staat, dem die Bürger davon liefen und sie lief mit, vielleicht als schnellste sogar.
Nach einer Begrüßung durch Frau Grimm, die sich an ihre eigenen Erfahrungen mit der DDR erinnerte, fing Frau Friedrich, die zur damaligen Zeit in Dessau lebte, an zu erzählen. Es waren viele nette Anekdoten dabei, die den Vortrag sehr lebendig und die Situation nachvollziehbar machten.
Frau Friedrich selbst arbeitete als Presseschreiberin für das Theater und stellte sich früh auch durch ihre Berichte gegen den Staat, sie wollte sich das nicht gefallen lassen. Doch nachdem die Stasi auf sie und ihren Mann aufmerksam wurde, wollte sie mit ihrem Schweigen den Beamten die Stirn bieten. „Ich sagte nicht, was sie von mir hören wollten.“ Dabei dachte sie auch immer an ihre zwei Kinder, mit denen sie so gut wie nie über ihre wirklichen Ansichten sprechen konnte, schließlich wurden sie überwacht. „Es wurden dann auch gleich Wanzen bei uns in die Wohnung eingebaut.“ Ein Zustand, der für uns heute kaum vorstellbar wäre.
Durch die Theatergruppe, den christlichen Kindergarten und ihren Familienangehörigen versuchte sich die Familie von der Lage im Land abzuschirmen, doch irgendwann war diese Einschränkung, die jeden Lebensbereich beeinträchtigte, nicht mehr auszuhalten. Kritik – das große Tabu! Nur immer alles bejahen, was einem vorgelegt wird, dazu war Frau Friedrich nicht bereit. Indem sie im Theater das Stück Romeo und Julia zu einem Werk mit Kritik an die DDR umschrieb, wurde sie noch verdächtiger, es wurde abgelehnt und jeder Versuch, etwas zu verändern, zunichte gemacht. „Wir wollten nur noch weg.“ Als die Familie hörte, dass in Ungarn die Grenzen geöffnet wurden, haben sie sofort eine Reisegenehmigung beantragt. Ihr Alibi war eine Hochzeit, alles wurde vorbereitet, sogar ein Hochzeitsgeschenk wurde gekauft. Den Kindern durfte nichts gesagt werden, die Angst erwischt zu werden, war zu groß. Als die vierköpfige Familie die Grenzposten mit großer Furcht und noch größerem Glück überquert hatte, war nur noch eines in ihren Köpfen: Freiheit. Nun konnten sie es auch ihren zwei Kindern sagen, dass sie nicht mehr zurückkehren werden. Frau Friedrichs 11 Jahre alter Sohn schrie plötzlich: „Ich hab's gewusst. Abenteuer, wir sind auf der Flucht!“ Eine Flucht mit dem Ziel Heidelberg. Auf dem Weg dorthin trafen sie viele hilfsbereite Menschen, Geflohene und immer neue Nachrichten über den Zusammenfall der DDR.
Doch sie waren sehr froh weg zu sein, nun konnten sie endlich neu anfangen und die jahrelangen Qualen hinter sich lassen.
Durch viele Fragen von uns angeregt erzählte Frau Friedrich nochmals Details aus dem „DDR-Alltag“, welche sehr interessant waren.

„Unglücklich das Land, das keine Helden hat. Unglücklich das Land, das Helden nötig hat.“ (Bertolt Brecht). Die DDR war ein gar unglückliches Land, denn es hatte Helden nötig, doch gleichzeitig war es wohl ein Land indem es Helden gab. Helden, die es schafften eine Mauer zu erobern und sie nieder zu reißen. Ihr Land also wieder zum Glück zu führen. Ich denke es ist wichtig, dass solche Helden nicht in Vergessenheit geraten, denn sie sind es, die uns auch die Geschehnisse nicht vergessen lassen.

Iri Mahmoud und Surya Maric, 13
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